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Mittwoch, Mai 25, 2005

allegorien des einkaufens [schöner tag 2]

ich konnte nicht anders als noch ein bisschen draußen herumzuschlendern. wobei es eigentlich schöner gewesen wäre kein ziel zu haben, aber im kühlschrank fand sich doch noch eine halbe mango* von gestern ich muss vergessen haben einzukaufen, was eigentlich nichts macht, ich könnte glücklich verhungern (obwohl mir 5000 kalorien lieber sind). jedenfalls, ich gehe einkaufen, 1 kg jogurt für die mangos und milch nehme ich gleich auch noch mit. ja...milch, darum geht es. vor dem regal mit den milchprodukten steht jemand, den ich kenne und mit dem ich unter normalen umständen vielleicht sogar einn 'hallo, wie gehts so'-gespräch anknüpfen würde. aber erstens habe ich keine lust, zwischen den supermarktregalen meine hände zu schütteln aus den hosentaschen zu nehmen und mit dem pfeifen will ich auch nicht aufhören, und zweitens gibt es schwerwiegendere gründe, die mich vom small talk abhalten. mein bekannter ist nicht sllein. das mädchen in seine begleitung kenne ich zwar nicht, aber es ist nicht schwer zu erraten, dass es seine freundin sein muss, die sich gerade über die tüten mit fettarmer jogurts beugt, so dass jetzt milchbar auf milchbar zu liegen kommt, während sie nicht damit aufhören kann sich über etwas, dessen inhalt ich im vorbeischlendern nicht erfassen kann ereifert. schon alleine die stimme ist es, die mich, mit meinen noch unbeladenen händen in den taschen, dazu bringt meinem körper einen leichten schwung aus der hüfte zu versetzten, um so weit wie möglich nach links zu driften im gang zu den tütensuppen, vorbeizuschleichen, während hinter mir das gekeife, ereifern über irgendetwas, den tag, die luft, die ausländer, kinderschänder, ganz gleich was es ist, es ist schlecht, es ist das böse, es muss bekämpft werden, dass man so häufig findet bei menschen, die ein zufriedensein mit sich nicht selbst nicht kennen und ihre neurotisch-permanente unzufriedenheit ständig an und über andere auslassen müssen. mein bekannter tut mir leid in seinen sandalen, es wundert mich kein bisschen, dass ihm mit mitte zwanzig die haare ausgehen. das über die milchtüten gebückte keifen muss jedes leben in näherer umgebung abtöten, und man richt förmlich die antiseptische angst mit der sie im ganzen haus täglich toiletten und türgriffe einsprüht, insektenvernichtungsmittel verbreitet, die wohnung
aufgeteilt in unterschiedliche kampfzonen, die letztlich nur der ausrottung all jener impulse dienen, die eine größere lebendigkeit von etwas verraten als sie selbst es sich zugestehen will, und sei es nur das verzeifelte zucken eines fliegenbeines in der klebepaste des fängers, eine vergeblicher, doch immerhin noch deutlicher versuch der finalen, tötlichen gefangenschaft zu entfliehen. wie dumm wäre die fliege die versucht den menschen anzugreifen, der den fliegenfänger für sie aufgehängt hat. ich kann mir lebhaft vorstellen, dass mein bekannter nicht nur seine haare verliert, sondern sich zug um zug auch von seine potenz verabschieden muss. wie ich mich selbst vor dem wurstregal wiederfinde tut er mir auch schon kein bisschen mehr leid. ich nehme cabanossi und kehre auf umwegen zu den milchprodukten zurück, die meine bekannten in der zwischenzeit glücklicherweise verlassen haben. später entdecke ich sie in einer der schlangen an der kasse. sie keift noch immer. erst jetzt fällt mir auf, was mein bekannter eventuell an ihr finden. sie hat wirklich beeindruckende titten, echte mörderhupen. die präsentiert sie auch stolz unter einem ziemlich engen t-shirt, einem, das genaugenommen nicht einfach eng, sondern schlicht zu klein ist, wenn man beachtet, wie schlecht die bündchen an den armen sitzen, ins fleisch einschneiden. aber ich glaube die wenigsten menschen achten auf sowas, wenn sie die oberweite präsentiert bekommen, die jungs werden geil und die mädels sind entweder genug mit ihere mehr oder minder offensichtlichen eifersucht beschäftigt, oder damit ihre eigenen freunde abzulenken um sie ja nicht in den genuss des anblicks kommen zu lassen. ebensowenig wie das wird ihnen der weiße schriftzug auffallen, der auf dem dunkelblauen t-shirt die hupen darunter nur noch deutlicher zur schau stellt. 'private' - privat - solche öffentliche titten, privat. 'the public tit' - das ist in englischen das, was wir hier die öffentliche hand nennen. man muss zugeben, dass die englische sprache an dieser stelle eine überlegene metaphorische kraft entfaltet. ich frage mich, ob man im englischen ein sprichwort daür hat, nicht in die fütternde hand zu beißen, wie zum beispiel nicht auf dem nippel zu kauen, der einen stillt. wie soll der nippel stillen? öffentlich? wenn er privat gehalten wird? was befriedigt die sehnsucht der konsumenten? milch? oder jogurt?

*das rezept für mein gebratenes hühnerfleisch mit kokosmangosauce werde ich auch irgendwann verraten