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Sonntag, August 28, 2005

Gleichnis für Moral am Arbeitsmarkt

Eine Freundin wollte sich neulich ein Auto kaufen. Eigentlich ist sie der totale Golf 3 Typ. Also nicht mehr festgehalten in den harten konservativen Kanten des Golf 1 und auch schon weiter, als die geschliffenere Version des Golf 2. Eben eine Golf 3 Typ, mit den ersten innovativen Kurven, mitten in der Entwicklung für die Zukunft. Na ja, auf jeden Fall wollte meine Freundin sich plötzlich keinen Golf mehr kaufen, sondern einen Mazda mx5, der eigentlich gar nicht zu ihr passen würde. Wahrscheinlich dachte sie, dass sie da schon hineinwachsen könnte. Vielleicht dachte sie aber auch gar nicht groß, sondern hatte einfach gefallen an etwas neuem gefunden. Fest stand aber auf jeden Fall, dass ihr momentanes Auto, ein Ford Fiesta, total muckte und Probleme machte. Meine Freundin brauchte unbedingt ein anderes Auto.

Auf der anderen Seite habe ich einen Freund, der ein totaler Mazda mx5 Typ ist. Der steht schon seit dem ersten Tag auf diese geschwungene Kreativität aus Vision und Funktionalität. Außerdem war es auch noch so, dass mein Freund sich schon seit ich mich erinnern kann, mit der Firmenpolitik von Mazda beschäftigte und mir mit glänzenden Augen immer davon erzählte, wie gerecht alle Mitarbeiter behandelt würden oder davon, welches supertolle Umweltprojekt gerade von Mazda unterstützt wurde. Mein Freund konnte sich eben hundertprozentig mit Mazda identifizieren. Allerdings ist er sehr genügsam und fährt seit Jahren einen Peugeot 205, und zwar eines der Auslaufmodelle. Aber er beschwert sich nicht, da er ja eigentlich zufrieden sein kann und es ihm an nichts wichtigem fehlt.

Jetzt kam es so, weil mein Freund und meine Freundin selbst auch miteinander befreundet sind, dass sie ihm von diesem tollen Mazda erzählte, den sie sich gern kaufen würde. Leider läge der Preis aber 1000,- Euro über dem, was sie sich leisten könne. Mein Freund bekam ganz leuchtende Augen und meinte, dass er selbst sich den Mazda ja auch gern kaufen würde. Da wurde meine Freundin stocksauer, da sie davon ausging, dass mein Freund sich das Auto auf jeden Fall leisten konnte und er es ihr wegschnappen würde. Sie konnte sich gar nicht mehr beruhigen und die Freundschaft der beiden schien ernsthaft bedroht.

Ratsuchend rief mein Freund mich an, was er denn nun machen solle, da er den Mazda so gern haben wolle, dass aber die Freundschaft doch nicht brechen solle. Eine schwierige Lage. Anfangs dachte ich, was für ein Raffzahn, dass er sich das Auto kaufen will, von dem er nur durch die erfuhr, die es selbst gern haben möchte. Dann dachte ich, eigentlich dürfte sich meine Freundin nicht so zimperlich anstellen. Schließlich hätte es auch sein können, dass mein Freund den Mazda unabhängig von ihr entdeckt und ein Kaufgebot abgegeben hätte. Dann würde sie nicht so einen Ärger machen. Dann würde sie irgendwann feststellen, dass einer ihrer Freunde mit dem Auto herumfährt, mit dem auch sie einmal geliebäugelt hat. Oder mein Freund und meine Freundin würden irgendwann gemeinsam jemand fremdes in dem Mazda herumfahren sehen und sich beide davon erzählen, dass sie ja für genau den Wagen ein Kaufangebot abgegeben hätten und sich wundern, dass es keiner dem anderen erzählt hatte. Dann würden sie darüber lachen und zu dem Ergebnis kommen, dass ein dritter wohl mehr zu zahlen bereit gewesen wäre. Wenn meine Freundin meinem Freund von dem Mazda nichts erzählt hätte, dann wäre also alles in Ordnung?

Eigentlich bin ich schon drauf und dran, aufgrund des Arguments, dass unter den Umständen der Unwissenheit kein Problem bestünde, meinem Freund zum Autokauf zu raten. Schließlich weiß man nicht, wann sich die nächste günstige Gelegenheit ergibt. Aber dann kommt mir der Gedanke an einen Autounfall.

Ich fahre eine Frau zu Tode, weil ich während der Fahrt eine SMS auf dem Handy tippe und im falschen Moment nicht auf den Zebrastreifen achte. Nachher kann ich mein Verhalten auch nicht damit entschulden, als herauskommt, dass die Frau 88 Jahre alt war, Krebs hatte und von den Ärzten nur noch zwei Wochen Lebenszeit bescheinigt bekam. Moral ist eben relativ zu den gegebenen Umständen. Und solange der Peugeot es noch tut, würde ich meinem Freund raten, auf den Mazda zu verzichten.

Blöd wäre dann nur, wenn der Mazda bei meiner Freundin genauso muckt, wie der Fiesta. Oder noch schlimmer, wenn sie ihn zu Schrott fährt. Vielleicht kauft den Wagen ja am besten doch jemand ganz anderes.

Schachfiguren, wie wir...

3 Comments:

Blogger val.b said...

wie gesagt, ich habe gar kein auto. aber was den freund der freundin angeht: es gibt genug mx-5 auf der welt. er braucht sich nur einen anderen gebrauchtwagen zu kümmern. problem erledigt. es geht doch moralisch gesehen nicht darum, wer wann den wagen kriegt und für wieviel. das ist ökonomie.

und ist moral eigentlich wichtig beim autokauf? ich glaube nicht.
ist freundschaft und taktgefühl ist wichtig in beziehungen? schon eher...

ich werd' mir übrigens einen sportwagen zulegen. und weil ich keinen führerschein habe darf der toilettenneger von karstadt/siegen mich chauffieren. oder eine von den negerinnnen. ich kenn' da so ne süße, angemalte...

10:25 PM  
Blogger h.s. said...

Dein Text scheint meinem ja nicht zu widersprechen.

Aber, um nochmal eine Sache herauszustellen, die so lapidar in der heutigen Zeit nicht vorausgesetzt werden kann. Es gibt nicht so viele passende mx-5, wie du behauptest. Denn zum Passen müssen doch einige Voraussetzungen mehr erfüllt sein, als nur die Existenz.

Taktgefühl gehört meiner Ansicht nach zur Moral und sowohl zum Aotokauf als auch zur Freundschaft.

Das mit Dem Sportwagen hört sich gut an. Wann kommst Du mit Deinem/Deiner Fahrer/Fahrerin auf eine Spritztour vorbei?

10:21 AM  
Blogger val.b said...

na du rebel...hatte gar nicht vor dir zu widersprechen, ausnahmsweise :-).
ich bin nur der meinung ein auto, auch ein mx5, der im übrigen winzig ist, wenn man drinsitzt, ist nicht das leben. ich meine, man muss arm sein, um so viel in ein auto zu projezieren. und reich um es sich leisten zu können :-).
wenn's fährt ist doch ok, oder. auto is auto. und wenn es wirklich so wenige gibt, wie du meinst, dann muss passend gemacht werden, was nicht passt. das ist dann mechanik und nicht moral. es wird knirschen im getriebe...

das mit den schachfiguren is übrigens n toller bildbruch. ob schachfiguren leiden? wie ratlose bodenartisten unter der zirkuskuppel?

11:43 AM  

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