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Dienstag, Januar 11, 2005

phototouristen oder phototourismen

Erster britischer Soldat wegen Misshandlung irakischer Gefangener verurteilt. Lassen wir beiseite: die Verhandlung gegen die drei so genannten Haupttäter läuft noch. Aber ist es nicht verwunderlich, wenn ausgerechnet jener, der die Verbrechen mit der Kamera dokumentiert, als erster einer ebenfalls so genannten Gerechtigkeit zugeführt wird? Ausgerechnet jener, der, wenn auch unwissentlich und unwillentlich, dafür gesorgt hat, das die Misshandlungen überhaupt bekannt werden? Was will die Werbesendung des britischen Militärgerichts Bergen (Niedersachsen) uns damit denn bitte sagen??? Was für ein Versagen wird da geahndet? Die Dummheit heutzutage noch Kleinbildfilme entwickeln zu lassen? (Ans Licht kommt die Sache nämlich erst, nachdem ein Mitarbeiter des Fotolabors, das die Filme entwickelt, Anzeige erstattet.) Oder die Idiotie die Beweise für die eigenen Vergehen wie Urlaubsfotos stumpf und stupide den Labors anzuvertrauen? (Hat wohl Roter Drache nicht gesehen)?

Oder wird hier vielmehr nicht zuerst der Abweichler der die Fahne, die Armee, Gemeinschaft, das Land, die Familia gefährdet hat, für öffentliches Aufsehen gesorgt hat, und sei es nur durch Dummheit, gerichtet? Agiert Justitia hier nicht mit derselben mythologischen Geste, die man in hunderten von Mafiafilmen längst so gut kennt, das man sie kaum noch wahrnimmt?

Was für ein Bild soll uns denn erhalten bleiben? Noch immer die traurig-romantische Demokratenhirnträumerei vom der sauberen Krieg? Der rettende Engel in Gestalt eines längst verlorenen Britsh Empire?

Ist irgendwer da draußen, der noch nicht gemerkt hat: Das ist Kriegt? Nicht weiß: Was ist Krieg? Überall, zu jeder Zeit… Hoffentlich stationiert ihr bald Blauhelme im Irak. UNO, neue Engel die ihre Stiefel nicht dazu verwenden die Gesichter fremder Völker in Blutlachen zu drücken… Die Stiefel werden dann ordentlich ausgezogen, bevor man 2 Eier (!) für die Jungfräulichkeit eines irakischen Mädchens bezahlt.

Interessant dazu, der Artikel in Telepolis "Die politische Rebellion der Erlebnisse" Peter Brinkemper zum Tod von Susan Sonntag. Darin unter anderem: "Konsequenterweise hat Susan Sontag (SZ, 24.5.2004) zuletzt am Folterskandal im Abu-Ghraib-Gefängnis den medialen Aspekt des Kampfes um die Bildpublikation hervorgehoben: Die verantwortliche US-Regierung zeige sich vorgeblich "schockiert und angewidert" von den Aufnahmen des ganz normalen GI-Foto-Folter-Tourismus, "gerade so, als ob diese Bilder selbst das Entsetzliche wären und nicht das, was sie zeigen"."

10 Comments:

Anonymous Anonym said...

Im Prinzip kann man sich in Abhängigkeit zum Grad der Unmoral bei allen Bildern, die wir sehen fragen, ob man den Auslöser betätigen soll, ob man den Auschnitt zeigen soll und ob man am anderen Ende der Kette hinschauen soll. Ich tue mich da schwer, mich auf eine Seite zu schlagen oder schlagen zu lassen. Warum sollte man keine Bilder von der Realität machen, wie man sie zu sehen bekommt? Und warum sollte man diese Realitätsauschnitte anderen vorenthalten und ihnen ihre Naivität lassen? Und kann man sich tatsächlich ruhigen Gewissens vor der Realität durch Wegschauen verschließen, auch wenn sie noch so grausam ist? Was sagt man Leuten, die sich kein Fernsehen anschauen, weil es dort so schlimme Bilder gibt und man den Medien sowieso nicht trauen kann? Was sagt man den Kritikern von reißerischen Fotos in der Boulevardpresse? Ist Ethik und Moral tatsächlich ein Indikator für Zensur? Oder begründet sich darin nur Angst und Verstecken vor der Wahrheit?

11:16 PM  
Blogger val.b said...

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5:43 PM  
Blogger val.b said...

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6:01 PM  
Blogger val.b said...

Da scheinen ja einige Fragen offen geblieben zu sein. Also, was sagt man Leuten, die kein Fernsehen mehr einschalten, weil es dort so grausame Bilder gibt? Und man den Medien sowieso nicht trauen kann?
Denen sagt man folgendes: Lasst den Fernseher ruhig aus, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Zeit der Führungsrolle der rein distributiv angelegten, klassischen Massenmedien Radio und Fernsehen ist vorbei. Leute, das ist nicht mehr das 20. Jahrhundert. Nutzt das Netz, nehmt die Nachrichten selbst in die Hand, p2p, User2User! Naives Vertrauen ist bei keiner Nachricht, egal über welche Medium sie geliefert wird angebracht. Aber das hat mit den Medien nichts zu tun, das ist eine Eigenschaft die in den Nachrichten selbst eigen ist. Jede Nachricht ist potentiell falsch, unglaubwürdig... Oder weniger dramatisch Formuliert: Jede Nachricht, wie direkt auch immer, oder wie gut und seriös journalistisch bearbeitet, kann uns nicht die Wahrheit präsentieren. Wahrheit als solche existiert nicht. Dagegen ist jede Nachricht, wie verlogen und propagandistisch sie auch sein mag, wahr und zutreffend, weil sie selbst wiederum einen Teil der Wahrheit, der Realität präsentiert. Und wir selbst sind Teil dieser Botschaft, dieser Realität.
Wenn ihr die grausamen Bilder nicht sehen wollt, seht nicht hin. Das kann man sagen. - Doch, und das kann man diesen Leuten auch sagen, habt ihr etwas falsch verstanden: denn grausam ist nicht das Fernsehbild, ist die Tat, das Geschehen. Wer wegzappt, wegschaut, sich umdreht... weigert sich einen Teil dessen was Wahrheit ist zu akzeptieren. Es ist so leicht sich sein verzerrtes Weltbild zusammenzuzappen. Und genau das ist es, was diese Menschen machen, wegschauen, abschalten. Und was bleibt übrig als falsche Gleichgültigkeit (die man nicht mit Stoizismus verwechseln sollte)?
Wie sieht es aus mit dem Verhältnis zur Gewalt in den Medien... bleiben wir beim Beispiel Irak. Wo waren denn die angeblich so grausamen Bilder? Hat irgendjemand, irgendwo die 'Folterbilder' aus dem Abu-Ghraib unzensiert zu sehen bekommen? Und was war die zensierte Grausamkeit? Ein irakischer Penis auf den Lynie Englund mit ihren Pistolenhänden zeigt? Irakische Ärsche in Pyramidenform? Und sagt mir jetzt nicht irgendein Sender hätte euch den Kopfschuss in der Moschee von Faludscha gezeigt, die verbrannten Leichen in close-ups minutenlang präsentiert. - Grausamkeit, Brutalität und selbst die in Bildern ist etwas anderes, doch das wollen die Zensoren nicht wahr sein lassen. Und machen wir uns nichts vor, die Zensoren seit wir selbst. Jeder einzelne von uns. Will der Mensch tatsächlich Erkenntnis? Aufklärung? Wahrheit? Oder will der 'Mensch' nicht viel lieber vor dem Fernseher sitzen, Tatort kucken, möglichst ohne Werbeunterbrechung, und sich am Ende sicher sein, dass die bösen Buben auch geschnappt werden? Ist die Folter das Verbrechen? Oder der Krieg, im Namen einer Demokratie?

Das war der Versuch eine Antwort zu finden, auf nur eine Frage. Und will man wissen, was man tun soll? Emanuelle Cunt kann die Antwort uns nicht geben. Moral ist heute nicht im Angebot.

6:04 PM  
Blogger h.s. said...

Interessante Antworten und Fragen, die man hier lesen kann. Wenn ich mir den Tatortzuschauer so vorstelle, der in seiner naiven Welt glücklich ist, frage ich mich allerdings, was denn die Menschen gewinnen, die in ihrer Illumination einen Ausschnitt vom Bösen in der Welt zu ahnen beginnen, das zu ahnen beginnen, was die Bedeutung hinter den Bildern sein kann. Ist nicht Angst das Geschenk der Erkenntnis? Ist es nicht EntTÄUSCHUNG?

6:21 PM  
Blogger val.b said...

gehört zum leben, die enttäuschung, oder heiko? du kuckst tatort? man lernt nie aus...

einen teil des bösen? was ist das? das sogenannte böse? sind das nicht du, ich, die beziehung zwischen uns, uns und all dem anderen über das wir vielleicht nie etwas erfahren werden. wenn du das böse gesehen hast, und sei es nur bei tatort, sag mir bescheid. dann schau ich vielleicht auch mal wieder tv.

hast du mal drüber nachgedacht, was wir machen würden? im irak? oder sonstwo, wenn wir uniformen angezogen hätten, um weiß der teufel was zu verteidigen oder anzugreifen? ich gebe keinem von uns besonders lange, bis da die letzten reste irgendeiner moralität verschwunden sind. wir könnten töten, oder uns selbst ein kugel durch den kopf jagen, damit das grauen von uns fernbleibt. wir könnten kurtz werden auf dem weg den fluss hinauf, oder was wahrscheinlicher ist, uns selbst in den fuß schießen, damit wir heimgebracht werden und tatort kucken können. wenn wir es nicht sind, ist das hauptsächlich glück... und möglicherweise könnten wir uns die bilder deswegen ansehen, um schamlos freude zu zeigen, dass es die erwischt hat und nicht uns.

7:11 PM  
Blogger h.s. said...

Lieber Valentin, ich wusste gar nicht, dass man mich so missverstehen kann, aber man lernt nie aus...

Keine Ahnung wie du darauf kommst, dass ich Tatort gucke. Diesen Schluss aus meinem Kommentar zu ziehen, musst du mir mal erklären. Es verhält sich eigentlich ganz im Gegenteil. Ohne ein Pauschalurteil abgeben zu wollen, da ich, und das ist eines der wenigen Urteile, die ich glaube, pauschal abgeben zu können, verallgemeinernde Urteile nicht mag, möchte ich dennoch zugeben, dass ich nicht nur Tatort nicht mag, sondern eine überwiegende Abneigung gegen das Krimi-Genre habe. [Den Satz hätte man auch verständlich formulieren können. Aber dann wüsste man ja schon beim ersten Lesen, was da steht.] Also, ich mag keine Krimis, obwohl es da auch bei Tatortfolgen Ausnahmen gibt.

Was das „BÖSE“ anbelangt, so kann man es wohl nur als Metapher gebrauchen und hier und in den meisten Fällen wohl besonders als pars pro toto, wie du ja selbst angedeutet hast. Von allem trägt ein Stück zum Ganzen bei und das Ganze kann[!] überall ein bisschen gesehen oder geahnt werden, auch und bestimmt im Tatort. Man könnte es sehen, wenn man manche Sachen nicht aus einer pauschalen Ablehnung heraus übersieht. Das gilt für das „BÖSE“ ebenso wie für das „GUTE“.

Was die Frage nach dem Verhalten im Irak betrifft, so kann ich soviel sagen, dass ich beim Bund zum Sanitäter ausgebildet wurde. Wahrscheinlich würde ich deinen Fuß so gut verarzten, dass du weiterhin für unsere Werte und dein Überleben kämpfen, töten kannst.
Und damit kommen wir zu den individuellen Konnotationsmöglichkeiten der EntTÄUSCHUNG. Während du dir in der Hoffnung auf Heimaturlaub in den Fuß schießt, vertraust du darauf, dass dein Plan gelingt. Weil die Hoffnung so groß ist, täuschst du dich selbst, indem du vielleicht einige Tatsachen ausblendest, die das Gelingen deiner „Frontflucht“ gefährden könnten. Zu diesen Tatsachen gehört nun auch meine hervorragende Spezialisierung auf Heilung von Fußschüssen. Indem ich deiner Gesundheit helfe, entTÄUSCHE ich deine falschen Hoffnungen. So habe ich dich entTÄUSCHT, indem ich dir geholfen und nicht geholfen habe. Ob Enttäuschung oder EntTÄUSCHUNG zum Leben dazugehören oder nicht kann ich nicht mit ja beantworten. Natürlich nicht. Die immanente Frage enthält ja zwei Optionen.

Eine Antwort, was zum Leben gehört, ist mir zu anmaßend. Klingt für mich zu sehr nach: Zum richtigen Leben gehört ein anständiger Beruf, Hochzeit, Kinder, Hund, Haus, ein mal im Jahr Urlaub...gehört zum Leben, alles, oder Valentin?

11:35 PM  
Blogger val.b said...

also offensichtlich kuckst du ja doch tatort.
wenn auch nur in ausnahmen. was mich kein bißchen entäuscht und auch nicht entTÄUSCHT. ist doch okay tatort zu kucken, oder?
was mich allerdings tatsächlich entTäuschen würde
(und entäuschen), wenn du so wenig verständnis für
mein in den fuß schießen aufbringst, dass du deine
fußheilenden künste dazu einsetzt, mich zurück an die front zu bringen. und ich dann eine folge tatort verpasse...

3:19 PM  
Blogger h.s. said...

Ich denke, dass "etwas schauen" im Präsens einen nicht abgeschlossenen Prozess beinhaltet, der auf Regelmäßigkeit hindeutet, was bei mir nur in sofern zutrifft, dass mein Schauen sein Regelmaß in der Unregelmäßigkeit, die nahe Null tendiert, begründet, was wohl dennoch, wenn auch mit der falschen Konnotation, bedeuten kann, dass ich "Tatort schaue". :-)

Ob das wiederum tatsächlich ok ist, wage ich zu bezweifeln, da ich mich doch in einer beschriebenen Regelmäßigkeit zu langweilen beginne, was natürlich in einer zu pauschalen Abneigung begründet sein kann.

Dass du von meiner Hilfe für deinen Fuß entTÄUSCHT bist, war in gewisser Weise vielleicht abzusehen. Aber dass du auch enttäuscht bist, wobei ich doch nur um deine körperliche Unversehrtheit bekümmert war, enttäuscht nun mich doch ein bisschen. Vielleicht, weil mich die Hoffnung, dir zu helfen über die Folgen meiner Hilfe hinweggetäuscht haben. Ich verspreche, im Realfall genauer über Optionen, Beweggründe und Folgen nachzudenken und dir eventuell den Fuß zu amputieren.

4:28 PM  
Blogger val.b said...

siehst du: that's the spirit. wir sollten uns gegenseitig stärken. was bedeutet, wenn ich mir mit absicht in den fuß schieße, verarzte mich nicht, amputier mein bein!

so kommen wir voran! wenn wir dann auch bloß noch drei beine haben...:-)

6:18 PM  

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